Historie

Das Notariat in Baden

Die Geschichte des Notariats wie wir es heute kennen reicht sehr weit zurück – auch in Baden, oder zumindest auf dem Gebiet des heutigen OLG-Bezirks Karlsruhe. Deren neuzeitlicher Teil beginnt mit der Reichsnotarordnung Kaiser Maximilians I., die im Jahr 1512 erlassen wurde. Dort enthaltene Anordnungen, etwa dass Urkunden zu verlesen sind, gelten bis heute und prägen das Berufsbild des Notars.

Im Jahr 1806 wurde im Zuge des napoleonischen Umbruchs das Heilige Römische Reich aufgelöst. Durch die Rheinbundakte wurden kurzerhand alle Gesetze und Erlasse wirkungslos. Die Kompetenzen des Reiches waren mit einem Schlag erledigt und wiederum in der Hoheit der souveränen Fürsten. Auch die Ernennung der kaiserlichen Notare durch die Hofpfalzgrafen fand dadurch ihr Ende.

Ein Fakt, der nicht weiter beweint wurde, glaubt man den Quellen. Berichtet wird, dass in der Spätphase des alten Reichs das Amt durchaus auch käuflich erworben werden konnte, eine Qualitätssicherung nicht bestand und charakterlich ungeeignete Personen am Werk waren. Dieses führte in Baden, aber auch in allen anderen Staaten in Deutschland dazu, dass das Notarwesen neu sortiert wurde. Erstaunlich ist: die badische Regierung beschloss in jenem Jahr schon binnen Wochen, das Notariat neu aufzustellen. Andere Projekte wurden daher kaum wichtiger angesehen.

Es bildeten sich auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands drei Notariatssysteme heraus: 

  • das Nur-Notariat unter Beschränkung des Notars auf die Urkundstätigkeit nach französischem Vorbild.
  • das Anwaltsnotariat, in dem Rechtsanwälte nebenberuflich auch als Notar arbeiten und
  • das Amtsnotariat, das die Aufgabe des Notars mit derjenigen des Richters verbindet. 
 

Die badische Notariatsverordnung trat im November 1806 in Kraft; nur vier Monate nach der Erlangung der vollen Souveränität. Sie wurde maßgeblich gestaltet durch den Vater des badischen Landrechts, Geheimrat Brauer. Schon diese erste Notariatsordnung legte die Basis für das bis zum Jahr 2017 fortgeltende System des Amtsnotariats. Danach hatte der Notar eine doppelte Funktion: einmal war er Notar und beurkundete und er erfüllte daneben Aufgaben der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Grundbuchbereich und im Nachlassbereich. Später musste er sogar die Qualifikation zum Richteramt haben und ist berufsrechtlich ein Richter. 

Im Gegensatz zu anderen Teilen Deutschlands wurde in Baden nicht das französische Vorbild des Nur-Notariatssystems befürwortet. In Friedrich Brauers Worten: Die Zahl der im französischen Recht kundigen Personen war einfach zu klein. Unvorstellbar war wohl der Gedanke, das Publikum auch nur vorübergehend unerfahrenen Amtsträgern auszuliefern. Notare hießen die Kollegen übrigens erst später, ursprünglich war damals noch von Staatschreibern oder Amtsrevisoren die Rede.

Dieses badische System bewirkte, dass die Gebühreneinnahmen aus den Beurkundungen grundsätzlich dem Staat zustanden, dieser aber für die Funktionsfähigkeit des Amtes durch Personal und Sachmittel einstand.

Selbst fundamentale Einschnitte – wie die Auflösung des Großherzogtums oder beide Weltkriege – haben an diesem Grundprinzip nichts geändert.

In Baden war das Notarsystem sehr beharrungskräftig und bestand im Grunde bis zum Jahr 2017 fort, auch wenn zwischenzeitlich immer wieder Änderungen angedacht wurden. In der NS-Zeit wurde etwa eine Vereinheitlichung des Notarwesens im gesamten Deutschen Reich angestrebt; diese Reform hat wegen des Krieges indes in Baden nie das Licht der Welt gesehen. Die unmittelbare Nachkriegszeit war geprägt durch die besatzungsbedingte Neuordnung im Südwesten. Im Notariatsbereich wurden die bestehenden Notariatsformen im Wesentlichen fortgeführt. Man habe sich für das Amtsnotariat ausgesprochen – so Reinhold Maier, der erste Ministerpräsident Baden-Württembergs, „nicht weil wir das Alte, sondern weil wir das Gute erhalten wollen“. Aber es wurden auch einige Anwaltsnotare in Baden bestellt.

Die Bundesnotarordnung stammt aus den 1960er Jahren, legalisierte aber die diversen verschiedenen Notariatssysteme nebeneinander und unternahm keine Vereinheitlichungsbestrebungen. Reformbestrebungen dieses Systems gab es in den vergangenen Jahrzehnten häufig. Die Gründe hierfür waren vielfältig und insbesondere wurde als Schwachstelle identifiziert, dass die personellen und sachlichen Ressourcen des Landes für das Beurkundungsaufkommen im Land als zu gering angesehen wurden. Dies führte ab dem Jahr 2006 zunächst dazu, dass bereits etwa 20 Kollegen zu hauptberuflichen Nur-Notaren ernannt wurden, insbesondere in den größeren Städten des Bezirks.

Der Jahreswechsel 2017/2018 brachte durch die Notariatsreform in Baden-Württemberg einen überwältigenden Umbruch im System mit sich. Wie auch im Grundbuchwesen wiesen die Notariate in Baden-Württemberg eine historisch gewachsene Struktur auf, die es sonst nirgends mehr in Deutschland und Europa gab. Und ebenso wie im Grundbuchbereich gab es auch im Notariatswesen zwischen den Landesteilen Baden und Württemberg völlig unterschiedliche Strukturen. Zum 1. Januar 2018 wurden alle bisherigen rund 300 staatlichen Notariate aufgelöst, so dass Beurkundungen nunmehr ausschließlich von freiberuflich tätigen Notarinnen und Notaren wahrgenommen werden. Die Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit werden ab dem Stichtag wie im übrigen Bund durch die Amtsgerichte erledigt. In Baden gibt es seither etwa 115 aktive Notarinnen und Notare.

Der Verein und seine Entwicklung

Der Badische Notarverein blickt auf eine lange Tradition zurück; er wurde am 07.10.1900 gegründet. 

Der 115. Geburtstag, den der Verein auf seiner Mitgliederversammlung am 27.05.2015 feierte, war der letzte runde Geburtstag, an dem Teile der alten Notariatsverfassung mit dem Badischen Amtsnotariat noch existierten.